Daimler Wüstentraining
Daimler mit vier Rallye-Teams zum Wüstentraining
Vorbereitung auf die Rallye Aïcha des Gazelles (Marokko) auch in Horstwalde
Herr Konzelmann, eine Beschriftung am Fahrzeug verriet die Mission: Rallye Aïcha des Gazelles. Was können Sie dazu sagen?
Die “Rallye Aïcha des Gazelles du Maroc” führt über etwa 2500 km. Gestartet wird seit 1990 zwar in Paris, die Wertungsläufe finden jedoch in der marokkanischen Wüste statt. Bereits zum fünften Mal nimmt Daimler an der Rallye teil, bei der ausschließlich Frauen am Steuer sitzen oder die Navigation führen. Bei der Rallye Aïcha des Gazelles kommt es darauf an, eine fahrbare Piste zwischen zwei Checkpoints auf dem möglichst kürzesten Weg zu finden. Zugelassene Hilfsmittel sind Karte, Kompass und Zeichengerät, verboten sind GPS-Navigation und Ferngläser.
Der wichtigste Aspekt ist der humanitäre Hintergrund. Abgesehen von den nachhaltigen Investitionen in soziale Projekte, versorgt der medizinische Dienst der Rallye mit seinem rollenden Spital und ambulanten Arztpraxen die Nomaden der marokkanischen Wüste. Von Brillenanpassungen bis hin zu Operationen steht modernste Medizin auf Rädern zur Verfügung. Der zweite Aspekt ist die Unterstützung der Diversity-Aktion der Daimler-Konzernleitung, soll heißen “Vielfalt – mehr Frauen in Führungspositionen”. Deshalb gibt es auch jedes Jahr im Januar unternehmensweit eine Ausschreibung auf Teilnahme an dieser berühmten Frauen-Rallye. Aus etwa 100 Daimler-Mitarbeiterinnen qualifizieren sich zwei. Den Vorausscheid fahren wir u.a. off-road auf einem Truppenübungsplatz in der Schwäbischen Alp.
Steilvorlage für den Interviewer: Warum dann über 800 km quer durch Deutschland um auf die Verkehrs-Versuchsanlage in Horstwalde zu kommen?
Nur in Horstwalde haben wir Lockersanddünen und -pisten, die zum Fahrtraining mit Simulation von Wüstenbedingungen taugen. Ein gutes Gesamtergebnis der Daimler-Teams braucht gute Fahrpraxis. Außerdem haben wir als Arbeitgeber und Sponsor die Verantwortung für einen sicheren Ablauf. Aus diesem Grund mischen wir die Teams auch so, dass die Juniorteams von den Rallye-erfahrenen Seniorteams lernen können. Pikant ist nämlich auch die ausschließliche Verwendung von Französisch als Wettkampfsprache, was in unserer englisch dominierten Welt ebenfalls eine echte Herausforderung ist. Auch wenn das Team van de Mars/Salamon in Horstwalde etwas mehr mediale Aufmerksamkeit bekam, in der Ausbildung durch die erfahrene Rallye-Pilotin und Juniorchefin der Offroad-Schmiede ORC Frau Baur wurden alle acht Teilnehmerinnen gleich gut trainiert.
Bereit für das große Abenteuer. In der ersten Etappe (ohne Wertung) geht es auf eigenen Achsen zur Mittelmeerfähre. Das Team 137 hat den 4WD-Sprinter Pritsche zur Bühne gemacht – auf dem Dach stehend v.l.n.r.: Sabrina Trillmann, Lina van de Mars, Susanne Ehmer, Coralie Lejeune; davor sitzend v.l.n.r.: Julia Salamon, Larissa Lauber, Astrid Ebermann; in der Fahrertür stehend: Sabrina Mayer
Die Teamaufstellung (Fahrer/Navigator) und Sponsoren:
Kategorie 4WD: Team 137 – Lina van de Mars/Julia Salamon (Daimler AG)
Kategorie Crossover: Team 318 – Sabrina Mayer/Larissa Lauber (Deutsche Handwerker Zeitung, Daimler AG, Fahrzeugbau Wörner GmbH); Team 319 – Sabrina Trillmann/Astrid Ebermann (Daimler AG); Team 320 – Coralie Lejeune/Susanne Ehmer (Mercedes-Benz Vans)
Weitere Team-Info siehe: www.rallyeaichadesgazelles.com/en/Rally/2013/the-teams/
Foto: Archiv T. Konzelmann
Davon, dass Daimler-Frauen von Autos etwas verstehen und nach speziellem Fahrtraining Siegerqualitäten haben, bin ich überzeugt. Mit welcher Technik soll denn am 30. März 2013 das Siegertreppchen erobert werden?
Die Rallye ist untergliedert in drei Gruppen: Quads und Motorräder, Geländefahrzeuge und Trucks sowie Sport Utility Vehicle (SUV) und Cross-Over-Fahrzeuge. Die zwei Vito und der Sprinter-Kastenwagen – übrigens gefahren von einer Auswahl der Deutschen Handwerker Zeitschrift – sind Serienfahrzeuge mit Radformel 4×4 und entsprechen der SUV/Cross-Over-Klasse. Lediglich aus dem Sprinter vom Team van de Mars/Salamon haben wir ein 4×4-Geländefahrzeug gemacht. Der Radstand wurde im Vergleich zur Serie um 960 mm gekürzt, der Tank kam aus der “Bauchlage” auf die Pritsche hinter das Fahrerhaus und die Antriebe wurden mit echten mechanischen Sperren ausgerüstet. Damit sollten die tückischen Dünenkämme auch gut befahrbar sein. Es versteht sich von selbst, dass alle Fahrzeuge entsprechend dem Regelwerk Überrollbügel, Rallye-Sitze und entsprechende Reifen bekommen haben.
Horstwalde ist nicht weit vom Daimler-Werk in Ludwigsfelde entfernt. Wie viel “Ludwigsfelde” nimmt denn der spezielle 4×4-Rallye-Sprinter mit nach Marokko?
Viel, bis auf die wenigen Extras! Ludwigsfelde ist der einzige Produktionsort für den Sprinter mit Pritsche. Wir haben diese natürlich auch um 960 mm gekürzt und zur Vermeidung von bremsenden Luftwirbeln mit einer schräg abfallenden Plane abgedeckt. Motor, Fahrwerk, Führerhaus und Pritsche sind in Ludwigsfelde montiert worden. Der Sprinter-Kastenwagen kommt aus Düsseldorf und die beiden Vito aus unserem Werk in Spanien.
Herr Konzelmann, ich danke für das abendliche Telefonat und wünsche Ihrer Frauen-Mannschaft und dem Serviceteam unfallfreie Fahrt, sportlichen Erfolg und glückliche Heimkehr.
Das Interview führte Dr. Klaus Urban, Mitglied Vorstand Förderverein Verkehrs-Versuchsanlage Horstwalde e. V. (FKVV).